Die World Press Photo Ausstellung ist eine, der beeindruckendsten Ausstellungen, die ich mir in letzter Zeit angesehen habe. Mich faszinieren Menschen bzw. die Geschichten von Menschen, denn jeder hat seine ganz eigene. Daher beeindruckt es mich umso mehr, wenn es Fotografen gelingt, mit nur einem Motiv oder einer Motivreihe aus ein paar wenigen Bildern, das alles wiederzugeben. Man sieht die Fotos und ist so berührt, dass man das Gefühl hat, sich mit der abgebildeten Person unterhalten zu haben oder live dabei gewesen zu sein.
Eröffnung der World Press Photo 2015 Ausstellung in Berlin
Es ist Donnerstagabend, wir stehen vorm Willy-Brandt-Haus und warten darauf, dass es losgeht. Ich selbst war noch nicht auf der World Press Photo – leider, wie ich im Nachhinein festgestellt habe. Zur Begrüßung gibt es eine Rede von allen, die maßgeblich an der Umsetzung beteiligt waren.
Die Raum im Willy-Brandt-Haus füllte sich und immer mehr Menschen drängen in das Haus in Kreuzberg. In der Rede wurden Hintergünde und Standpunkte erleutert. Es war sogar die niederländische Diplomatin Monique van Daalen da, denn dort hat die World Press Photo ihren Ursprung. Nach der knapp 1-stündigen Rede ging es dann los, ab in die 3. Etage und Fotos bestaunen.
Gisela Kayser, Geschäftsführerin Freundeskreis Willy-Brandt-Haus Monique van Daalen, Botschafterin des Königreichs der Niederlande Georg Fahrenschon, Präsident Deutscher Sparkassen- und Giroverband
Fotos, die das Leben schreiben
Die ersten Fotos, die auf der Ausstellung sind, sieht man nur an. Man sieht die Bilder, liest sich den Text durch und geht zum nächsten Bild. Es brauchte, zumindest bei mir, eine Weile, bis die Bilder und das was auf ihnen zu sehen ist, wirklich bei mir andockten. Aber ein mal geschehen, war ich völlig gebannt von den Aufnahmen. Umso mehr Fotos ich sah, desto mehr fühlte ich das Motiv.
Ein paar Beispiele:
Essen ist eigentlich etwas soziales, nur leider geht das in einigen Kulturen immer weiter verloren. Menschen sitzen auf einzelnen Plätzen an einzelnen Tischen. Fotos: Turi Calafato
Darüber hinaus, auch sehr bewegend, sind Bilder vom Flugzeugabsturz MH-17. Allerdings wollen wir die Fotos nicht vorweg nehmen, denn man muss sie das erste Mal selbst mit eigenen Augen sehen und fühlen.
Das Gewinnerfoto von Mads Nissen
Aus etwa 98.000 (!) Fotos aus 131 Ländern wählte eine 13-köpfige Jury das Siegerfotos aus. Der Peter-Matthias Gaede, Journalistischer Berater der G+J Geschäftsführung war Mitglied der Jury und meinte in seiner Rede.
„Fotografieren kann jeder, aber die Kunst liegt in der Beobachtung!“
Womit er auch Recht hat. Erst durch die Wahrnehmung einer Situation und der Empathie für die Menschen, gelingt es Bilder wie diese zu machen.
Das Siegerfoto zeigt zwei Männer, die sich in einer sehr liebevollen und innigen Position befinden. An sich sollte das eigentlich etwas ganz normales sein. Aber in vielen Ländern ist genau das leider nicht so. Ein Land davon ist Russland, wo das Bild auch entstanden ist. Es herrscht dort so viel Hass und Unverständnis gegenüber Homosexualität, dass der Fotograf genau mit dem Gegenteil antwortete. Zwei so starke und konträre Emotionen eingefangen in einem Bild.
Zum Schluss hatten wir noch die Möglichkeit uns mit Frau Kayser, Geschäftsführerin des Willy-Brandt Freundeskreises, zu unterhalten. Ihre Erwartungen wurden übertroffen, zumal es am 4. Juni auch einige andere Veranstaltungen gab. Dass dennoch ein so großes Interesse an den Geschichten oder viel mehr an der Realität gab, die die World Press Photo Ausstellung aufzeigt, machte sie wirklich glücklich. Viele Fotos bewegten sie sehr, u.a. die Migrationsfotos, der Orang- Utan auf der Liege in einem OP-Saal, die Iran-Fotos und natürlich auch das Siegerfotos von Mads Nissen:
„Ein Foto, dass auf den Hass mit Liebe antwortet. Großartig!“
Überhaupt hatten wir das Gefühl, dass Frau Kayser mit ganzen Herzen dabei ist. Wir hätten uns noch stundenlang mit ihr über die Ausstellung unterhalten können, weil sie die Bilder nicht nur sieht, sondern fühlt.
Nachdenken
Wir sind alles Menschen und dennoch bekriegen und befeinden wir uns. Nicht alle, aber viele Bilder visualisieren genau das. Die größte Dummehit der Menschen, vor denen aber leider zu viele die Augen verschließen. Ich wünsche mir, dass jeder sich diese Austellung anguckt. Einige Minuten vor diesen Bildern steht, sie auf sich wirken lässt und darüber nachdenkt.
Die Bilder rütteln wach, weil man selten die Möglichkeit hat, sich die Zeit zu nehmen. Die Welt ist so schnelllebig – denn klar, eigentlich weiß man das ja, nur dringt es selten so weit zu einem durch, dass man es auch wirklich spürt, was da passiert. Die Ausstellung versetzt einen in die, dafür nötige Ruhe.
Danke an die Sponsoren
Warum? Weil sie es erst ermöglichen, dass im Prinzip jeder die Möglichkeit hat, sich für ein paar wenige Stunde mit dieser Realität auseinanderzusetzen.
Fazit
Nehmt euch ein paar Stunden Zeit, damit ihr die Bilder auch wirklich auf euch wirken lassen könnt. Den Raum nur zu durchlaufen, würde dem Mut der Fotografen nicht gerecht. Der Eintritt ist frei, ihr braucht also nur hinzugehen (euren Ausweis mitnehmen) und euch auf die kleine Reise in die Realität einzulassen.
Aktualisiert am von Berlin Ick Liebe Dir