Wer keine Weinverkostung in Berlin mehr verpassen möchte, für den ist die App „Berliner Weinpilot“ genau richtig. Wir haben den Gründer der App getroffen, Batin Mumcu. Die Idee zur App kam dem geprüften Sommelier, der u.a. in der Jury der Berliner Wein Trophy sitzt, bei einem Weinabend im Gespräch mit Kollegen, als er wieder einmal feststellen musste, eine tolle Weinverkostung verpasst zu haben.
Was ist denn der Berliner Weinpilot nun genau?
Der Berliner Weinpilot ist ein Veranstaltungskalender für die Berliner Weinszene und Berlin Touristen. Immer wieder haben mich Freunde gefragt, wo denn die nächste Weinverkostung stattfindet. Mit der App sollte man nun kein Weinevent in Berlin mehr verpassen.
Die Veranstalter können kostenlos ihre Weinverkostung mit allen dazugehörigen Infos in dem Berliner Weinpilot veröffentlichen und die Weinliebhaber haben so einen perfekten Überblick über alle Veranstaltungen.
Von der Idee bis zur Veröffentlichung 2014 sind nun zwei Jahre vergangen. Bis jetzt haben wir über 200 Eintragungen in vier Monaten von diversen Unternehmen. Es werden kontinuierlich mehr.
Wie viel Weinverkostungen gibt es eigentlich in Berlin?
Ca. zwei am Tag. Mit den richtigen Beziehungen und Informationen könnte man so das ganze Jahr in Berlin mit Weintrinken verbringen.
Batin, du bist geprüfter Sommelier. Welche Eigenschaften muss man als Sommelier mitbringen?
Man muss Sinn bzw. eine Leidenschaft für die Sinne entwickeln. Das ist natürlich nicht alles. Man sollte auch Talent im Umgang mit Menschen haben, vor allem aber muss man Lust auf das Produkt und das Getränk, also den Wein haben. Weinverkostung ist eine Leidenschaft. Als Juror verkoste ich an einem Wochenende bis zu 4.000 Weine, ca. 7.500 Weine sind das im ganzen Jahr, im Team. Das spannende an der Weinwelt ist, dass man ständig neue Sachen entdeckt und lernt. Und mit jedem neuen Jahrgang geht das Spiel wieder von vorne los.
Die wahrscheinlich meist gestellte Frage: Was ist dein Lieblingswein?
Ja, genau. Das werde ich oft gefragt. Aber einen bestimmten Lieblingswein habe ich nicht. Es kommt immer auf die Situation, das Essen und den Anlass an. Aber es gibt tatsächlich einen Wein, den ich jeden Tag trinken könnte – und das ist der Champagner.
Und welchen Champagner kannst du uns empfehlen?
Weg vom Mainstream. Kein Moët, Veuve Clicquot oder Pommery.
Es gibt sehr hochwertige und sehr gute Champagner um die 30 EUR pro Flasche von kleineren Weingütern der Champagne. Das sind Familienbetriebe, die kein großes Marketing haben, die sind viel innovativer und können im Preis entgegenkommen.
Womit ich den Mainstream jetzt nicht schlecht reden will, der hat sicherlich auch seine Daseinsberechtigung. Jedoch geht es dabei um eine ganz andere Herangehensweise an das Produkt und die Champagner-Kultur.
Auch keinen Dom Pérignon ?
Doch, das ist die Cuvée Prestige, das Hochwertigste, was Moët zu bieten hat. Ein Jahrgangschampagner, sozusagen der Rolls-Royce unter den Champagnern. Ja, Dom Pérignon ist schon ziemlich klasse, den möchte ich nicht missen und der ist mit Sicherheit zu empfehlen – wenn man das nötige Kleingeld dazu hat.
Und was ist für dich nun ein guter Wein?
Ein guter Wein muss seine Herkunft, die Rebsorte, den Winzer, die Region, das Klima und den Boden widerspiegeln. Dann ist der Wein auch gut, wie z.B. der Spätburgunder von Jean Stodden in Rech an der Ahr.
Eine Flasche kostet ca. 25 EUR. Der „Recher Herrenberg“ hat alles, was einen guten Rotwein ausmacht. Den Wein vergisst man nicht. Das ist ein Erlebnis.
Und wie erkenne ich als Laie einen guten Wein?
Das macht die Erfahrung. Ziel ist es, seinen persönlichen Weintyp zu finden. Warum man welche Weine eigentlich bevorzugt, trocken oder süß bspw. Welche Rebsorte mag ich? Aus welchen Klima bzw. Ländern? Warum mag ich einen Wein und warum nicht? Am besten sollte man sich dazu Notizen machen.
Wein in der Toskana schmeckt anders als zuhause. Viele Faktoren wie die eigene Stimmung spielen natürlich auch eine Rolle.
Kann man einen guten Supermarkt-Wein kaufen?
5 EUR sollte man schon für ein Weinerlebnis investieren. Generell rate ich aber davon ab, Wein im Supermarkt zu kaufen. Massenproduktion hat für mich nichts mehr mit Handwerk von einem Winzer zu tun. Das ist für mich kein Weinerlebnis. Die persönliche Beratung im Wein-Einzelhandel und den Schwerpunkt den jeder Weinhändler für sich setzt, sind schon Maßstäbe an denen man sich orientieren kann.
Ich empfehle immer die private Weinhandlung und den direkten Kontakt zum Winzer. Wichtig ist jedoch, dass ein Wein schmeckt und das kann einem auch bei einem Supermarkt-Wein passieren.
Das Thema Wein in Berlin nimmt ja mittlerweile auch Fahrt auf und scheint dem Trend nach Qualität bzw. Bewusstsein für gute Produkte zu folgen.
Ja, das stimmt. Immer mehr junge Leute beschäftigen sich mit dem Thema Wein und sind auch bereit, mehr dafür zu bezahlen. Es eröffnen immer mehr Weinbars und es gibt Wein-Massenparty-Veranstaltungen wie die WineVibes. In Berlin ist es besonders trendy abends an der Bar zu stehen und ein Glas Wein in der Hand zu schwenken.
Wir sind ja immer auf der Suche nach guten Tipps. Welche Weinbars kannst du uns empfehlen?
Allgemein gibt es in Berlin noch viel zu wenige Weinbars. Ottorink in Kreuzberg, Cordobar in Mitte und die Weinbar Rutz sind die Klassiker und ein Muss für jeden Weintouristen in Berlin.
Es soll auch einen Berlin-Wein geben, der auf dem Kreuzberg angebaut wird.
Es gibt, glaube ich, einen Ertrag von 400 Flaschen Spätburgunder und Riesling von ca. 350 Rebstöcken, die sich in Kreuzberg am Viktoriapark befinden. Aber da empfehle ich dir mal ein Gespräch mit dem Hauptstadt-Winzer, um mehr darüber zu erfahren.
Dein Abschlusswort
Wine & Dine
Zu Berlin
Wie ist deine persönliche Berlin-Geschichte? Seit wann und warum bist du in der Stadt?
Ich bin in Heidelberg geboren und aufgewachsen und wollte schon immer in Berlin leben. Das ist jetzt 20 Jahre her. Die 80er Jahre, Neue Deutsche Welle, Die Ärzte etc. war alles sehr Berlin lastig. Daher habe ich meinen 18. Geburtstag in Berlin gefeiert und seitdem gab es kein zurück. Die Reichstagsverhüllung 1995 mit Christo und Jean Claude, Love Parade auf dem Ku’damm und dieser Drang dieser Stadt, die damals eine Wüste war, mitzugestalten, hat mich sehr geprägt.
Was magst du besonders an Berlin?
Berlin und die Berliner Bürger sind authentisch und immer in Bewegung, laut, leise, gut, böse, schwarz, grün, weiß, alles kommt und alles geht und verändert sich wieder, und nicht selten alles gleichzeitig in einem Moment.
Was ist dein Lieblingsplatz / Restaurant / Bar / Café?
Mein Lieblingsplatz ist eigentlich mein Zuhause, weil ich da am wenigsten Zeit verbringe und nur selten anzutreffen bin. Öffentliche Plätze und Einrichtungen sind kaum offen und schon wieder geschlossen, das empfinde ich als sehr spannend. Ich mag Berlin Mitte mit dem ganzen Gastro- und Erlebnisprogramm sehr gerne, aber auch der Westen rund um den Ku’damm ist seit einiger Zeit wieder sehr angesagt. Ein bestimmtes Restaurant, Bar oder Café habe ich nicht. Ich lass mich da treiben, die Mischung macht es.
Was würdest du jemandem empfehlen, der zum ersten Mal nach Berlin kommt?
Ich empfehle jedem hier zu bleiben, es sei denn er kennt eine Alternative, was bislang noch nicht passiert ist.