ZEBRA Poetry Film Festival 2016

Wundersame Wesen aus Knetmasse erheben sich tropfend und gluckernd, formatieren sich, werden zu einem Symbol, zu Mördern, zu Wegen, erzählen eine Geschichte. Genauer gesagt, ein Gedicht.

Exotische Frauen tanzen mit blutenden Füßen in U-Bahnschächten, Zeichentrick Sequenzen bringen uns Guillaume Apollinaire näher. Vogelschwärme streben in musikfilmkurzen Einstellungen von Stromleitungen auf, um uns die Melancholie des Stillstandes in der Bewegung zu vermitteln.

Zu Gast beim ZEBRA Poetry Film Festival

Wir sind zu Gast beim ZEBRA Poetry Film Festival, welches im Rahmen des 32. Internationalen Kurzfilmfestivals in Berlin und Münster stattfindet. Der Gastgeber interfilm beherbergt das Event, dessen Hauptsitz vor Kurzem erst in die Lyrikstadt Münster gezogen ist. Die Location in Berlin ist dieses Mal das Hackesche Höfe Kino in der Rosenthaler Straße. Der Abend wird moderiert von Gesa Ufer, Rundfunkjournalistin bei Radio Eins, die selbst ein großer Fan des Formats ist, wie sie sagt. Wir werden im Verlauf des Abends zuerst die Gewinnerfilme des Wettbewerbes sehen und uns anschließend, nach einer kleinen Pause, das Best Of der eingesendeten Kurzfilme anschauen.

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Hintergründe zum ZEBRA Poetry Film Festival

Das ZEBRA Poetry Film Festival entstand, so wie es jetzt ist, 2006 im Haus der Poesie in Berlin. Die ersten Einsendungen wurden alle gesichtet, „völlig überfordert“ gibt einer der Mitbegründer des Formats zu, der, wie viele andere Filmemacher und Sponsoren, heute Abend auch anwesend ist.

Mit der Flut 2014 von bereits über 800 internationalen Beiträgen hatte damals noch niemand gerechnet. Mittlerweile ist das Festival professioneller geworden, es gab dieses Jahr eine Vorauswahl von 80 nominierten Filmen.

Den ersten Poesiefilm gab es bereits 1822

Man glaubt es nicht, aber Vorläufer des „Poesiefilms“, ohne dass diese zwingend als solche bezeichnet wurden, gibt es schon ziemlich lange. Die erste bekannte filmische Adaption eines Gedichts entstand unter Clement Clark Moore 1822 in den USA nach dem Gedicht „Twas the Night before Christmas“ . Es folgte eine Hochphase des Poesiefilms in den 1920er und 1930er Jahren mit Künstlern wie Charles Sheeler, Paul Strand, Man Ray, Salvatore Dali, Luis Buñuel, Germaine Dulac und Robert Desnos. Der wohl berühmteste Poesiefilm ist „Fantasia“ von Walt Disney, nach Goethes „Der Zauberlehrling“. Dabei ist in der Filmwissenschaft umstritten, ob man den grenzüberschreitenden Dialog zwischen Film und Lyrik als eigenständiges Genre bezeichnen kann, doch hat es sich über Jahre hinweg als hybrides Genre in den Köpfen von Fans und Kritikern fest verankert.

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Was genau ist nun ein Poesiefilm?

Im Kurzfilmwettbewerb gilt die Vorgabe, dass die literarische Entsprechung im filmischen Material enthalten sein muss. Also das Gedicht selbst muss zu finden sein, in vielen Fällen wird diese Anforderung durch ein raffiniertes Voice Over gelöst.

Wonach entscheidet die Jury aber bei der Auswahl der besten Filme? Wohl eher nicht danach, dass der Film das Gedicht Zeile für Zeile, Szene für Szene in kleinkarierter Borniertheit nacherzählt? Das wäre zu einfach. Gesa Ufer fragt bei der Jury, bestehend aus Juliane Fuchs, Marc Neys und Sabine Scho, nach. Alle drei haben ihren Beruf in der Lyrik, den Medien, dem Rundfunks oder der Videokunst gefunden. „Die Schwierigkeit war, zu entscheiden, ob wir den Preis nun den sehr gut gemachten oder eher den Filmen, die sehr ‚touching‘ wirken, also den anrührenden Filmen geben wollen.“, erklärt Juliane Fuchs.

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Es ist eine Mischung aus Beidem geworden, finden wir. Besonders der, mit dem „ZEBRA Preis für den besten Poesiefilm“ ausgezeichnete „Off the Trail“ nach dem Gedicht „Endless Trails and Mountains“ von Gary Snyder, ist nicht nur ein technisch sehr gut gemachter, prä-apokalytisch-meditatives Meisterwerk, sondern auch in seiner Bildwelt und Sprache sehr klar.

Hier wird Lyrik wirklich audio-visuell erfahrbar. Die Jury selbst begründet ihre Entscheidung so:

„Für eine prä-apokalyptische Reise eines meisterhaften Lehrers aus einer bestickten Uniform heraus in eine sich zersetzende Welt hinein.“

Die Gewinner-Filme sind alle mit unterschiedlichen Preisen im Gesamtwert von 12.000 Euro dotiert, gestiftet von Sponsoren wie dem Goethe Institut oder dem Auswärtigen Amt. Die Filme sind sehr unterschiedlich. Mal ironisch, exotisch, neckisch, mal tief melancholisch und fast aggressiv wird hier die Sprache in Bilder umgesetzt und von ihnen eingerahmt, tritt aber niemals in den Hintergrund. Das haben die Filme gemeinsam.

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Nach einer Erfrischung und einem kurzen Durchatmen sowie dem ebenfalls sehr eindrucksvollen Best Of quellen unsere Köpfe langsam über vor poetischen Bildern und bildhafter Poesie. Wir finden den Abend sehr gelungen und ein noch nicht ganz klar definiertes Genre hat in uns neue Fans gefunden. Falls ihr das auch erleben wollt – das Festival wird alle zwei Jahre, jeweils im Herbst der geraden Jahre veranstaltet. Weitere Infos zur Veranstaltung findet ihr hier.


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Aktualisiert am von Berlin Ick Liebe Dir