Craft Beer ist in aller Munde – zumindest in Berlin. Wir haben die Gründerin des Berliner Craft Beers „BRLO“ Katharina Kurz getroffen.
BRLO
Vorab: Wie spreche ich eigentlich BRLO aus?
B(E)RLO wie Berlin. BRLO ist der alt-slawische Ursprung des Namens Berlin. Aber eigentlich freuen wir uns über jede Version. Eine Italienerin meinte kürzlich, dass der Name sie an das italienische Wort „brillo“, was auf Deutsch angetrunken heißt, erinnere.
Und seit wann gibt es BRLO?
Die Firma haben wir letztes Jahr im Sommer gegründet. Das erste Bier gab es im November.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Wir sind Anfang 2014 auf die Idee gekommen – aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Ich habe einige Zeit in den USA gelebt, wo ich Craft Beer kennen und lieben gelernt habe. Ich hatte so viel Spaß an der Bierauswahl, an den Etiketten und den Markennamen. Und ich habe mich gefragt, wieso macht das eigentlich keiner in Deutschland?! Ich dachte mir, dass ich das irgendwann mal gerne als Nebenprojekt machen würde, eine kleine coole Biermarke.
Dann habe ich Christian, einen guten Freund aus Unizeiten, wiedergetroffen. Christian wollte ursprünglich mit seinem Vater und einer eigenen Brauanlage Bier brauen. Gemeinsam haben wir an einem Abend stundenlang über Bier philosophiert und uns entschieden, mehr zu dem Thema zu recherchieren.
Und so haben wir dann Michael, der Braumeister ist, kennengelernt. Das hat von Beginn an super zusammen gepasst. Uns war es auch wichtig, gemeinsam ein Unternehmen aufzubauen.
Was hast du vor BRLO gemacht?
Ich habe einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund und habe sechs Jahre bei Bertelsmann gearbeitet. Ich habe dann promoviert und mir überlegt, dass ich gerne was selbst machen würde. An Bier habe ich zuerst gar nicht gedacht.
Es ist so schön, wieder etwas Handwerkliches zu machen, das man dann auch noch trinken kann. Für mich gibt es eigentlich kein schöneres Produkt als Bier.
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Wo braut ihr?
Wir arbeiten mit zwei kleinen Brauereien im Umland zusammen, die ca.1,5 h von Berlin entfernt sind – das ist zum einen die Klosterbrauerei in Neuzelle in Brandenburg und zum anderen die Brauerei Landsberg in Sachsen Anhalt. Das war der beste Weg, um mit wenig Kapital anzufangen.
Die Rezeptentwicklung findet in Berlin statt und die Rohstoffe bringen wir selber mit. Micha betreut dann den ganzen Vorgang vor Ort. Das nennt man „Gypsy Brewing“ wenn man von Brauerei zu Brauerei zieht. Ziel ist es aber, eine eigene kleine Brauerei zu haben.
Ihr habt jetzt 3 Biersorten. Soll es noch Weitere geben?
Ja, aber ich glaube nicht, dass wir 20 Sorten haben werden. Das ist ein wahnsinniger Aufwand, wir wollen noch 1-2 Sorten in das Standardsortiment mitaufnehmen. Wenn wir mal eine eigene Brauerei haben, dann werden wir auch saisonale Biere anbieten. Bei den Partner-Brauereien ist das aber eher schwierig, da man mindestens 5.000 Liter produzieren muss. Und da probiert man nicht einfach so herum.
Dein Lieblingsbier?
Das Pale Ale auf jeden Fall.
Das Helle ist dir wahrscheinlich auch zu normal?
Ja, es kommt immer ein bisschen auf die Gelegenheit an. Das Helle ist ein Einstiegsbier, wo man Leute abholt, die noch nichts von Craft Beer verstehen. Wenn man in Craft Beer Kreisen ist, dann läuft das Pale Ale super, bei Firmenveranstaltungen wird dagegen eher das Helle bevorzugt. Es war gewollt, dass auch das Helle den deutschen Biertrinker abholt.
Berlin ist im Bereich „Craft Beer“ Vorreiter. Wird sich dieses Thema auch in ganz Deutschland durchsetzen oder sind es nur die Großstädte, die eine Vielfalt an Craft Beer anbieten werden?
Ja und Nein. Ich denke, das wird sich überall durchsetzen. Auf der einen Seite gibt es Bier Start-Ups. Ich glaube, dass das ein urbanes Thema ist. Auf der anderen Seite werden im ländlichen Bereich die alt eingesessenen Brauereien den Bereich abdecken und dann anfangen auch mal zu experimentieren, um mehr Vielfalt in die Bierlandschaft hineinzubringen und vielleicht auch mal ein IPA zu machen. Man hat Verbundenheit zu ländlichen Marken, die natürlich auch handwerkliches Bier machen. Das ist natürlich schwierig zu definieren.
Gibt es eigentlich eine einheitliche „Craft Beer“ Definition?
Es gibt keine anerkannte Definition. In Deutschland ist es noch schwieriger den Begriff des Craft Beers zu definieren. In den USA gibt es ja viel mehr Industriebier als bei uns – und dann Craft Beer. In den USA gilt eine Brauerei beispielsweise bis 6 Millionen Hektoliter Produktion noch als CRAFT.
In Deutschland ist es schwieriger „Craft Beer“ abzugrenzen, da man viele kleine traditionelle Bierbrauereien hat, die seit 300 Jahren handwerklich Bier brauen. Denen kann man natürlich nicht sagen, dass wir jetzt Craft Beer machen und die nicht.
Habt ihr ein Craft Beer-Vorbild?
Ja, die Brooklyn Brewery. Es gibt zum einen das Brooklyn Lager und ein wunderschönes IPA, was mir auch vom Design sehr gut gefällt. Milton Glaser, der
Grafikdesignpapst, hat das Design entworfen. Es war 2006 das erste Craft Beer, mit dem ich in Berührung gekommen bin.
Steckt Deutschland im Vergleich zu den USA noch in den Kinderschuhen?
Ja, auch wenn alle drüber schreiben. Das Thema setzt sich erst ganz langsam durch. Restaurants nehmen vielleicht mal ein Bier auf. Aber Kinderschuhe sind ja super, das heißt es wird noch explodieren. Die Idee ist, wenn du in den USA in eine Bar gehst, hast du gleich 20 verschiedene Zapfhähne – und nicht nur in Craft Beer Bars. Das ist super, da müssen wir hin. Das wird kein Trend sein.
Wo kann man in Berlin gutes Craft Beer trinken?
Hier (wir sitzen im Kaschk), im Hopfenreich, Vagabund oder in der Monterey Bar…
BERLIN
Was ist deine persönliche Berlin Geschichte?
Ich komme eigentlich aus Franken. Da habe ich im Prinzip die Bierleidenschaft mit der Muttermilch mitbekommen. Während der Bertelsmann Zeit war ich fünf Jahre im Ausland. Und Berlin war 2008 für neun Monate mein einziger Deutschland- Abstecher. Ich habe hier meinen engsten Freundeskreis und es hat mich danach immer wieder zurückgezogen. Berlin ist die einzige Stadt in Deutschland, in der ich leben möchte. Seit 2 Jahren bin ich jetzt wieder in Berlin.
Was ist das Besondere?
Das Schöne ist, dass Berlin eine weltoffene Großstadt ist, die sich teilweise sehr klein anfühlt. In Berlin kann man noch durchatmen. Man kann zu jeder Tages- und Nachtzeit was erleben.
Was stört dich?
Da muss ich überlegen. Ich finde es teilweise etwas zu viel von der kreativen, „wir arbeiten alle nur an Projekten“ – Atmosphäre. Manchmal fehlt mir ein bisschen mehr Professionalität in der Zusammenarbeit.
Was würdest du Berlin Besuchern empfehlen?
Ich glaube ich würde ein Bustour machen, eine Kreuzberg Tour und zum Sundowner dann in den Club der Visionäre.