UPDATE: Die Location ist dauerhaft geschlossen.
Wir haben einen kleinen Schatz gefunden oder vielleicht auch er uns. Das Restaurant Glass in Charlottenburg und vor allem der Koch Gal Ben Moshe hat uns echt beeindruckt, was den Geschmack und die Kombination von Zutaten angeht. Hätten wir es nicht besser gewusst, hätte es auch locker ein Sterne-Restaurant sein können.
Das 5-Gänge-Menü im Restaurant Glass
Die Besonderheit des Restaurants beginnt schon bei der Speisekarte, die sich auf ein 5- oder 7-Gang-Menü entweder mit Fleisch oder vegetarisch reduziert. Preislich geht das 5-Gang-Menü bei 75 EUR los, das 7-Gang-Menü gibt es ab 95 EUR. Bei den Menüs habt ihr noch ein paar extra Optionen, so kann bspw. Hummer oder Dry-Aged-Beef gegen einen Aufpreis dazu bestellt werden. Aber an sich ist die Karte eben auf die beiden Menüs begrenzt, die natürlich immer mal wieder wechseln. Ganz süß ist auch, dass euch die Karte ausgedruckt in einem Umschlag gebracht wird, auf der unterschiedliche Zitate wie etwa „Keine Liebe ist aufrichtiger als die Liebe zum Essen“ (G.B. Shaw) zu lesen sind.
Wenn ihr gewählt habt, geht die kleine Reise ins Essensparadies auch schon los.
Zu Beginn gab es für uns als Aperitif einen Champagner und einen Sekt, dazu einen ersten Snack in Form von Gebäckstangen und Miso-Dipp.
Ähnlich in einem guten Sterne-Restaurant, gab es auch im Restaurant Glass zwei Amuse Geule. Der erste Gruß aus der Küche war eine Platte mit verschiedenen kleinen Häppchen. Diese winzigen Bissen machten schon Lust auf mehr, weil es uns erahnen ließ, was da an dem Abend noch alles tolles auf uns zu kommt.
Der zweite Gruß aus der Küche war ein Tortellini mit Fleisch und ein Ei. Jetzt könnte man sich fragen, was an einem Ei so besonders sein kann. Das Ei an sich war ganz normal, ein Hühnerei, wie man es überall zu kaufen bekommt – nur wie es angerichtet wurde, unterscheidet sich deutlich. Das Eigelb wurde gekocht, aber das Eiweiß wurde schaumig geschlagen. Die obere Schicht sah aus wie die Milch beim Cappuccino oder Latte ;) On Top gab es noch eine leicht süßliche Gewürzmischung. Die Empfehlung der Küche ist, das Ei im Ganzen zu essen… ist mir leider nicht ganz gelungen, denn ich brauchte zwei Anläufe. Aber faszinierend, was man aus so einem Ei alles machen kann, vor allem dieses cremige Eiweiß hat mich begeistert.
Weiter ging es dann mit der Vorspeise. Wir wählten die Zwiebelsuppe, die mit Gruyère (Käse) und Broiche serviert wurde. Das Anrichten wird vor dem Auge des Gastes gemacht, sprich die Suppe und die restlichen Zutaten werden erst am Platz zusammen geführt. Der Vorteil daran ist, dass jedes Lebensmittel sein Aroma beibehält und sich nicht bereits im Topf vermischt.
Die zweite Vorspeise nannte sich „Wald im Glass“ – und so schmeckte die Mischung aus Pilzen und Wildkräutern auch. Das Essen wurde in einem dieser Einweckgläser kredenzt, weil dem Gericht kurz vorher Rauch zugefügt wird. Das ganze Aroma entfaltet sich in dem Moment, in dem man den Glasdeckel abnimmt.
Der zweite Gang im Restaurant Glass war Rinder-Tartare mit schwarzem Knoblauch und Topinambur. Auch hier war der Tipp vom Service, beim ersten Bissen von allen Zutaten ein wenig auf den Löffel zu nehmen. Taten wir dann auch und es war schon sehr erstaunlich, wie köstlich das Zusammenspiel der einzelnen Geschmäcker am Ende ist. Das Tartare als solches war an sich schon wirklich toll, aber in Kombination mit dem Rest der absolute Knaller.
In Runde 3 folgte eines meiner Lieblingsessen: Jakobsmuscheln. Ich selbst kriege die Zuhause nie so gut, bin aber ja auch keine gelernte Köchin ;) Um so mehr freue ich mich immer, wenn ich in einem Restaurant in den Genuss kommen darf. Zur Jakobsmuschel wurde Minestrone, Bohnen und Zucchini gereicht.
Um die Geschmacksknospen auf der Zunge wieder auf Null zu setzen, folgte ein kleiner Zwischengang mit Zitronensorbet. Das ist tatsächlich ganz hilfreich bei so vielen Gängen, denn ansonsten fällt es schwer das volle Aroma der Gerichte wahrzunehmen.
Unser Hauptgang bestand aus Poulet de Bresse und Blumenkohl – auch das klingt jetzt nicht so wahnsinnig spektakulär, denn Poulet ist Hühnchen, aber das war es dann doch. Das Fleisch war so super zart und saftig, die Haut schon knüsprig mit diesen feinen Röstaromen. Das krause Weiße auf dem Foto ist übrigens getrockneter Blumenkohl. Auch die Soße passte großartig zum Hähnchen – wirklich fantastisch.
Zu guter letzt kam noch das Dessert, dass so mit so viel Liebe angerichtet wurde, dass man es sich kaum zu essen traute.
Wir hatten auf dem einen Teller Knafeh (ist eine arabische Süßspeise) mit Saint Maure (Ziegenmilchkäse), der als Eis zwischen dem Knafeh eingebettet wurde. Drumherum versammelten sich noch Kürbis und Pistazien.
Auf dem anderen Teller war Aragiani-Schokoladenmus, das luftig-aufgeschlagen wurde und dadurch noch mal mehr Aroma besaß. Dazu gab es Mango, Avocado und Amaranth. Auch beim Dessert war es die Kombination der einzelnen Zutaten, die in Summe so unfassbar lecker sind, dass man auch nach 5 Gängen gar nicht aufhören möchte zu essen.
Zum Menü haben wir natürlich auch Wein getrunken, einen roten und einen weißen, den wir uns empfohlen lassen haben. Zu jeder Flasche gibt es eine kleine Geschichte, denn die Weine werden ganz sorgfältig ausgewählt.
Abseits dessen, dass auch der Wein hervorragend schmeckte, war es höchst interessant, wie uns dieser serviert wurde. Wenn man offene Weine bestellt, weiß man ja eigentlich nie, wie lange die schon offen sind. Das muss zwar nicht, kann aber den Geschmack beeinträchtigen. Damit das nicht passiert, gibt es im Restaurant Glass eine besondere Art Weinöffner, der mit einer Nadel durch den Korken geführt wird. Über einen Pumpmechanismus gelangt der Wein durch die Nadel in das Glas. Was es nicht alles so gibt, dachten wir uns da nur ;)
Atmosphäre im Restaurant Glass
Die Einrichtung ist schlicht, zurückhaltend und gediegen. Zwischen den Tischen ist eine große Hängelampe angebracht, von der Decke hängen einzelnen Rosen und in der Mitte des Raumes ist ein großes silbernes Etwas, hinter dem sich die Küche versteckt. Und obwohl der Küchenbereich offen gelassen ist (wenn ihr zu den Badräumen lauft, könnt ihr direkt reinschauen), riecht es keinesfalls aufdringlich nach Essen oder Fett oder sonstigen Gerüchen… ein Hoch auf die Abzugshaube und Belüftung. Zur Straße hin erstreckt sich eine große Glasfront, die abends mit leichten, aber dunklen Vorhängen zum Teil abgedeckt wird.
Auch wenn die Einrichtung anders ist als man es sonst von solch gehobenen Restaurants kennt, wir haben uns super wohl gefühlt, nicht zuletzt auch dank des tollen Service. Die Leute dort sind so aufmerksam und erzählen mit so viel Wissen und Begeisterung von den Gerichten und Weinen, dass man sich super willkommen fühlt. Auch erwähnenswert ist die Musik im Hintergrund, die einen Abend im Glass abrundet. Es sind einfach die vielen kleinen Details, die das große Ganze entstehen lassen.
Ebenso ein wesentlicher Vorteil ist, dass die Tische nicht so nah beieinander stehen. Man ist dadurch völlig bei sich und dem Essen. Falls ihr mal eine Location für ein Geschäftsessen sucht, kann ich mir das dort sehr gut vorstellen.
Fazit
Das Restaurant Glass ist ein echter Geheimtipp unter den gehobenen Restaurants. Die Küche ist international und der Koch spielt mit den Zutaten der Welt, die er so geschickt kombiniert, dass man am Ende des Abends ganz glücklich den Heimweg antreten kann.