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Nicht erst seit gestern hat man in Berlin ja den Eindruck, dass italienische Restaurants gehobener Qualität, die durch eine kleine ausgesuchte Karte und weniger durch rot-karierte Tischdecken und Riesenpizza für 4,99€ imponieren, wie Pilze aus dem Boden schießen. Der goldene Hahn hat es sicherlich vorgemacht, viele Andere sind gefolgt.
Umso gespannter waren wir, als wir unter anderem der Tip-Speisekarten Empfehlung 2016 für die 10 heißesten Neueröffnungen zum Abendessen folgten und in Kreuzbergs Wrangelkiez aus Schnee und Eiseskälte in das Bosco hineinwehten. Und wir fühlten uns nicht nur gut betreut, sondern auch stundenlang wohl…
Bosco – Not just another Italian place
Schon der optische Eindruck in dem kleinen Eckladen, der sich über 1,5 kleine Etagen erstreckt, verspricht minimalistische Gemütlichkeit. Die massiven Holztische, die allein mit Wein- und Wasserglas, allem, was man an Esswerkzeug so gebrauchen könnte und einer weißen Serviette sowie einem kleinen Teelicht bestückt sind, strahlen gleichsam eine Einladung wie auch ein gewisses edles Ambiente aus.
Dieser Eindruck verfestigt sich dann, wenn man einen Blick in die kleine, aber illustre Speisekarte und eine im Vergleich dazu fast opulent erscheinende Weinkarte wirft. Die Speisekarte findet nämlich nach nur zwei Seiten, auf denen Antipasti, Primi, Secondi und Dessert ihren Platz finden, ein jähes Ende. Das ist aber alles andere als bedauernswert, denn zwischen den Köstlichkeiten, die die einzelnen Gänge beinhalten, fiel uns die Auswahl sehr schwer.
Das insbesondere, da ein Teil unseres lustigen Duetts dem Hühnerei mit einer gewissen Distanz begegnen muss, was aber durch den sehr fürsorglichen Service in allen Farben des Regenbogens diskutiert und dann eine entsprechende Auswahl getroffen wurde. So entschied ich kleiner Trüffelliebhaber mich für die Tagliatelle mit Trüffel, Artischocken und Parmagiano Reggiano (ganz genauso nicht auf der Karte im Internet zu finden), was wirklich eine perfekte und auch sättigende Kombination ergab, die man bei der ein wenig reduziert wirkenden Portionsgröße zunächst gar nicht vermutet hätte.
Dies war aber sehr zu meiner Freude, da mir dies erlaubte, trotz schon erreichtem Sättigungswohlgefühl, den Tiramisu Bonsai zu probieren, der dann auch tatsächlich im Blumentopf serviert wurde. Kein Tiramisu der gewöhnlich Art, statt Kakao sind oben drauf dunkle Keks- oder Kuchenkrümel gestreut und der Blumentopf unten noch mal mit Schokolade „abgedichtet“, aber für mich meine Lebenseinstellung bestätigend, dass ich am besten einfach 3 mal pro Mahlzeit Dessert essen sollte.
Mein Gegenüber entschied sich hingegen für das ganz große Kino und orderte die 200gr Black Angus Rinderfilet mit kandidierten Schalotten, Schwarzkohl und Sellerie (und garantiert keinem Ei). „Wie Butter“, erklang es von meiner gegenüberliegenden Tischseite, die sich gleich daran machte, auch mir ein Stück ihres Rindes zu servieren, das nach ihrer Aussage „seine 30€ absolut wert ist“. Diesem Urteil kann ich mir nur anschließen. Perfekt gebraten, perfekt gewürzt, perfektes Fleisch, ja, ich war – trotz meiner exzellenten Tagliatelle – neidisch. Beim nächsten Mal, das es auf jeden Fall geben wird, werde ich mich auch auf das Rind stürzen (und trotzdem noch drei mal Nachtisch bestellen…).
Die Getränkekarte sticht – was die schiere Länge angeht – wie gesagt die Speisekarte aus, dafür kann man aber auch auf eine durchaus erlesene Auswahl italienischer Weine per Glas oder Flasche zurückgreifen, die allerdings auch nicht unbedingt für den schmalen Geldbeutel sind (das 0,2-Glas Rotwein geht ab 5 und 6€ über den Tresen, bei den Flaschen kann man bis zu 120€ ausgeben), aber das fantastische Angus Rind möchte wahrscheinlich auch entsprechend gebadet werden.
Fazit
Das Bosco, im Übrigen nicht von Amateuren aufgezogen, sondern von Federico Testa und Francesco Righi, die dem Ein oder Anderen aus dem Da Baffi bekannt sind, als Traumerfüllung gegründet, ist eben kein „another Italian place“, den man aufsucht und wieder vergisst. Die Liebe steckt im Detail. Wir kommen bestimmt gerne wieder.