UPDATE: Das Restaurant Centolire hat dauerhaft geschlossen. An gleicher Stelle ist nun das Ristorante Essenza zu finden.
Unweit von der U-Bahn Station Mohrenstraße, also mitten in Mitte, befindet sich ein exklusiver Geheimtipp: das Centolire. Die Fassade ist unscheinbar. Zwischen den Hotels, Kleidergeschäften und Einrichtungshäusern fällt dem Passant in Eile nicht einmal auf, dass er gerade vorbeiläuft. Vorbei an einem Italiener, der irgendwie anders ist, als rot-weiß karierte Tischdecken, Pizza Funghi und Limoncello. Beim Vorbeilaufen merkt der Passant nicht, dass er sich, seinem Gaumen und seinem Herz gerade ein unvergessliches Erlebnis verwehrt. Manchmal lohnt es sich doch, stehen zu bleiben und sich umzusehen – besonders in nächster Umgebung der Leipziger Straße 125. Willkommen im Centolire!
Das Centolire – Ein prominentes Wohnzimmer
Schon als wir die Tür öffnen, strömt uns die warme, freundliche Atmosphäre entgegen. Drei italienische Kellner lächeln uns an, wir werden zu einem der Tische geführt, im Hintergrund läuft leise Musik in Landessprache. Der Raum ist überschaubar groß, der Stil außergewöhnlich. Die riesigen runden Lampen an den hohen Decken beleuchten die gewaltigen Frauenportraits an den Wänden. Sie wirken, trotz ihrer Überdimensionalität, nicht wuchtig oder unpassend – eher majestätisch. Wir fragen uns, was hinter der kleinen Bar und dem riesigen Weinregal aus dunkelbraunem Holz zu finden ist, also schauen wir uns in dem verwinkelten Raum um.
Durch das Restaurant zu laufen ist ein bisschen so, wie eine Wohnungsbesichtigung. Dort, wo man es nicht erwartet, taucht plötzlich noch ein Raum auf. Von den Wänden grinst uns der Gourmetkoch des Hauses, Moreno Carusi an. Neben ihm Greenday und Snow Patrol, Til Schweiger und Philipp Lahm. Wir fühlen uns ein bisschen wie in einem prominenten Wohnzimmer. Die offene Küche im hinteren Teil des Restaurants lädt dazu ein, den Köchen bei ihrer Arbeit zuzusehen. Mitinhaber Petros plant einen „Chef’s Table“, eine Art Showcooking à la „Reise der Geschmäcker“ mit exklusiven Zutaten und experimentellen Zusammensetzungen. Wer einen Hauch mehr Italien möchte muss sich nur auf die ruhige, von Olivenbäumen und kleinen Laternen geschmückte Terrasse im Innenhof begeben. Hier wird das prominente Wohnzimmer ganz schnell zu einer toskanischen Veranda.
„Jeder soll die Chance haben, etwas zu finden.“
Privatsphäre wird im Centolire ganz groß geschrieben. Wir hatten Glück, dass wir Fotos machen durften. Normalerweise ist das Fotografieren hier streng verboten. Wir spüren, wie wichtig es Petros und seinem Team ist, dass alle Gäste sich gleichermaßen wohl und aufgehoben fühlen.
„Essen soll als Erlebnis wahrgenommen und genossen werden“
sagt der Italiener und lächelt. Umso gespannter sind wir darauf, was uns geschmacklich erwartet. Die Kellner sind sehr zuvorkommend und gleichzeitig zurückhaltend, man merkt ihre Professionalität sofort, ihre Anwesenheit kaum.
Zum Aperitif wird uns knuspriges Brot mit Olivenöl gereicht. Petros will uns ein Menü zusammenstellen, deshalb müssen wir uns nicht selbst entscheiden. Wobei ein langer und schwieriger Entscheidungsprozess im Centolire sowieso nicht möglich ist. Die Karte ist sehr überschaubar. Anstatt 20 verschiedenen Pizza Variationen, stehen hier nur zwei auf der Karte. Wer nach dem klassischen Chef Salat oder Spaghetti Carbonara sucht, wird hier ebenfalls nicht fündig.
„Wir wollen keinen Schnick schnack.“ Qualität geht vor Quantität und da das Menü beinahe täglich wechselt, können auch Stammgäste immer etwas neues ausprobieren. Ich suche das Menü nach vegetarischen, veganen und glutenfreien Alternativen ab. Überraschenderweise werde ich tatsächlich fündig und Petros bestätigt mir, dass er jedem jederzeit die Chance geben will, etwas passendes für sich zu finden.
Büffelmozzarella aus Brandenburg
Bevor der Aperitif leer ist, kommt unsere erste, von dem Küchenteam zusammengestellte Vorspeise. Optisch überzeugt sie direkt. Uns erwartet luftgetrockneter Schinken mit schwarzen Trüffeln, gegrillter Thunfisch auf Algen und Büffelmozzarella auf Avokado, im Tapas-Stil. Klassische Elemente aus der italienischen Küche modern interpretiert. Regional ist es auch – der Büffelmozzarella kommt nur wenige Kilometer entfernt von einer Wasserbüffel-Farm aus Bandenburg.
So frisch, intensiv und saftig wie es aussieht, schmeckt es auch. Der nachhaltig gefangene Thunfisch ist super zart und die leicht würzigen Algen sind die perfekte Beilage. Am Besten hat mir allerdings der Büffelmozzarella auf dem Avocadobett geschmeckt. Die Kombination ist so außergewöhnlich, dass man bei jedem Bissen eine neue Geschmacksexplosion erlebt.
Während wir auf das nächste Gericht warten, schauen wir uns im Restaurant um. Obwohl die Location sehr edel ist und exklusiv wirkt, besteht das Publikum nicht nur aus Anzugsträgern. An unserem Nachbartisch sitzt eine Familie, gegenüber eine Gruppe junger Leute. Das Restaurant ist gehoben, aber das Publikum bleibt bunt gemischt. Nur Touristen sehen wir keine.