Tradition im Berliner Westen

Was ist Tradition? Für mich bedeutet Tradition, etwas Beständiges zu haben. Etwas immer Wiederkehrendes, das, auch wenn man ein, zwei Jahre nicht daran denkt, immer noch da ist und einen mit offenen Armen empfängt und das Gefühl von Heimat versprüht.

Im Berliner Westen werden nicht selten neue Läden eröffnet. Berlin im Allgemeinen ist ständig im Wandel. Doch zwischen schicken Openings und Pop-Up-Läden finden sich die alt eingesessenen Berliner Traditionshäuser. Die Stadt ist von Geschichte geprägt und diese kann nicht zuletzt in solchen Geschäften gefunden werden. Wenn ich mit meinen Eltern durch den Westen Berlins fahre, dann erzählen sie mir, wie mein Vater sich 1980 im Kant-Kino Joy Division anschaute, oder wie meine Mutter jede freie Minute im Kaufhaus des Westens verbrachte. Genau um solche Häuser geht es heute. Orte, die Erinnerungen wecken und zugleich noch immer neue Erinnerungen schaffen.  

Rogacki – Weihnachtliche Tradition

Gans mit Klößen oder Knacker mit Kartoffelsalat? Die letztere der beiden Weihnachtsmahlzeiten wird bei uns auf dem Esstisch serviert. Jedes Jahr, seit Jahrzehnten, gibt es bei uns Wiener und Knacker von Rogacki aus der Wilmersdorfer Straße. Wir sind aber nicht die einzigen. Am Morgen des 24. wird bei Rogacki Schlange gestanden. Von offenen Parkplätzen gibt es keine Spur. Für mich ist das Gedrängel im Feinkost- und Delikatessengeschäft Tradition.
1928 wurde mit Räucherwarenhandel in Wedding gestartet und seit 1932 hat das Familienunternehmen in der Wilmersdorfer Straße ihr zuhause gefunden. Krieg und Zerstörung zwang sie zu einem Neuanfang. Es wurde auf- und umgebaut. Das Sortiment wurde erweitert und das Geschäft an die nächste Generation übergeben. Rogacki ist Teil der Berliner Geschichte und Kultur. Seit Jahrzehnten und hoffentlich für viele mehr, denn aus meinem Leben in Berlin ist das Geschäft nicht wegzudenken.

Die Paris Bar – Mittelpunkt der Kunst und Filmszene

Die Sonne ist schon längst untergegangen, doch aus der hell erleuchteten Bar an der Kantstraße dröhnen angeregte Diskussionen und Unterhaltungen. Grüppchen stehen vor dem Restaurant und trinken bei einer Zigarette ihr Glas Rotwein aus.
Das Flair des legendären Künstlertreffpunkts ist einzigartig und bringt ihre Besucher in eine andere Welt. Französische Gerichte werden neben Bekannten Gemälden und Fotografien, mit denen jede Wand des Ladens geschmückt ist, verzehrt. Auch heute lockt die Paris Bar noch Menschen der Kreativszene an die Kantstraße. Die Paris Bar gehört zum Berliner Westens wie das Gelbe zum Ei.

Der Zoo Palast

Nahe des Hadenbergplatzes strahlt der Zoo Palast nun schon seit Jahrzehnten. 1915 wurden noch unter anderem Namen die ersten Filme ausgestrahlt. Durch die Zerstörungen des zweiten Weltkriegs musste das Haus 1955 abgerissen werden. 1957 eröffnete der Zoo Palast und brachte als Wettbewerbskino der Berlinale Prestige in den Berliner Westen. 2010 schloss der Zoo Palast, wurde grundlegend renoviert und umgestaltet. Die Kernelemente und das Ambiente des bekannten Filmtheaters blieben jedoch erhalten. Drei Jahre nach der Schließung eröffnete der Zoo Palast wieder seine Türen und ist seit 2014 wieder ein Teil der Berlinale.

Das KaDeWe – Das Zentrum für Lifestyle im Westen

Ob man es überhaupt noch erwähnen muss? Das Kaufhaus des Westens. Anlaufstelle für alles was glänzt und gut tut. Seit 1907 werden an der Tauentzienstraße Luxusgüter verkauft. Das Kaufhaus zeichnet sich besonders durch seine gehobene Atmosphäre aus. Schon immer war das Einkaufen im KaDeWe ein Statussymbol und Privileg.
Und auch heute bietet das Kaufhaus des Westens alles, was das Herz begehrt. Es gibt alle Ausgefallenheiten, die anderswo nur schwer zu finden wären, und wenn, dann bestimmt nicht unter einem Dach.

Das Kant Kino

Durch die Old-School Anzeigetafel an der Fassade des Hauses, mag man es erahnen können. Das Kino hat schon so einige Jahre hinter sich. Seit 1912 werden hier an der Kantstraße nämlich Filme gezeigt, vorerst in nur einem Saal. Doch es bleibt nicht nur bei Filmen. In den 70er und 80er Jahren war das KANT der Ort für namenhafte Musiker und Bands. Vor allem die derzeit beliebten Bands der Punk und New-Wave Szene befüllten das Haus.
Besonders in Erinnerung geblieben ist das Konzert der Band Joy Devision, welches übrigens auch ihr erstes und einziges in Berlin geblieben ist.
Mit den Jahren wurde das KANT um vier Säle erweitert. Heutzutage zeigt das Kant Kino ausschließlich Filme, vor allem Independent Filme, Dokumentationen und Arthouse Produktionen.